Am Montag gehts los. Wir alle werden zu Ninjas, Mandalorians und Judge Dredds. Wir maskieren uns im Einzelhandel und im ÖPNV. Wir werden FFB 3,2,1-Masken tragen, OP-Masken, selbst genähte Masken, Schals, Tücher und sonst noch alles was sich um das Gesicht wickeln lässt.

Die Idee dahinter: Das öffentliche Leben wird wieder mehr geöffnet, ein Stück Normalität zieht wieder ein, dafür tragen wir alle den nun obligatorischen Spuckschutz.

Gute Idee.

Was ich in den letzten Tagen beobachte ist eine große Verunsicherung meiner Umgebung. Die Wochen davor waren geprägt von dem Wissen darum, dass wir alle zuhause bleiben und so wenig wie möglich rausgehen. Nur das Nötigste war ok. Konsens. Nicht wirklich schön, aber klar.
Jetzt wird vieles aufgeweicht (einerseits), dafür gibt es (andererseits) neue Regeln, wie eben die kommende Maskierung. Verunsicherung macht sich breit.

Und aus dieser Verunsicherung entstehen Emotionen. Ich beobachte schon seit Tagen eine steigende Aggressivität meiner Mitmenschen im Umgang miteinander. Maskenträger gegen nicht-Maskenträger, Abstandshalter gegen weniger-Abschiedshalter. Basis dieser Aggressivität ist die Verunsicherung, entstanden aus der Tatsache, dass wir alle einen neuen, ungewohnten Alltag leben – nun sogar mit Masken.

Das ist nicht gut oder schlecht. Vielmehr geht es darum, dass wir gemeinsam die veränderten Gegebenheiten und Umstände reflektieren. Klar, wir können und müssen alle neuen Regeln für uns persönlich analysieren und bewerten. Sich darüber aufzuregen bringt aber nur eins: Aufregung. Lösungen und Wohlgefühle nicht.

Jeder Mensch um uns herum trifft momentan Entscheidungen für sich (und damit auch unbewusst für seine Umwelt). Entscheidungen über Nähe und Distanz, Maskierung, soziale Kontakte. Entscheidungen, die für jeden von uns neu sind. Niemand war vorher genötigt darüber zu entscheiden, ob und wann er oder sie seine Enkel wieder trifft. Niemand musste bisher darüber entscheiden, ob die eigenen Kinder andere Kinder treffen dürfen. Alles neu. Alles unsicher.

Ab Montag gibt es dann die Pflicht zur Darthvaderisierung. Dadurch werden neue Hierarchien entstehen. Die, die die „guten“ Masken tragen schauen auf die Schalvermummer hinab. Die Gesichtstücherträger lachen über die „Outbreak“statisten. Die, die sich im Supermarkt maskieren verstehen die nicht, die ihre Masken nicht direkt auf dem Parkplatz wieder absetzen. Die Dauermaskenträger mokieren sich über die, die „alles nicht so ernst nehmen“.

Aus Solidarität kann so schnell Uneinigkeit und Eigensinn entstehen. Daraus Aggressivität.

Jetzt geht es los. Es geht los damit aufeinander zu achten. Nicht im Sinne davon alles gut zu finden was andere machen. Die finden ja auch nicht alles gut was ich mache…
Vielmehr im Sinne davon, dass wir uns überlegen aus welchem Grund sich jemand so verhält wie er/sie/es es tut. Dann wird es oft nachvollziehbar. Aggressivität weicht Verständnis.

Darum muss es uns in den nächsten Wochen und Monaten gehen: nachvollziehen, warum sich Menschen so verhalten wie sie es tun. Wertschätzen, dass wir alle Entscheidungen aus einer gewissen Hilflosigkeit heraus treffen müssen. Wertschätzen, dass bewährte Lösungsstrategien bei unserem Gegenüber nicht mehr funktionieren.

Lasst uns gemeinsam lernen, wie wir auch solidarisch bleiben können nachdem der Solidaritätshype vorbei ist.

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