Ich laufe. Seit knapp 1,5 Jahren. Warum, und wie Ihr auch loslaufen könnt, das habe ich hier schon einmal aufgeschrieben.

Nun sitzen wir wieder vielfach daheim. Das Wetter wird mieser, die Fitnessstudios haben wieder zu, Schwimmbäder auch. Kosmetik-Wellnessoasen bleiben erstmal geschlossen, wir sind auf uns gestellt, der Stress steigt.

Was können wir tun?

Laufen!

Nicht für den Weg, nicht für das Ziel. Für uns.

Habe ich in meinem Leben Cannabis konsumiert – gekifft? Je, einige Male. Ich bin allerdings nicht der Typ, der es mag sich mit Substanzen in einen anderen Bewusstseinszustand zu katapultieren. Dazu gefällt mir mein Alltags-Bewusstseinszustand viel zu gut. Hinzu kommt, dass ich ängstlich bin. Ängstlich, wenn es darum geht Dinge zu mir zu nehmen, deren Wirkung ich nicht einschätzen kann.
Was ich allerdings nicht abstreiten kann ist die entspannungsfördernde Wirkung von Cannabis. Wer nen Dübel raucht, dem ist hinterher manches egaler als vorher.

Was hat das mit dem ursprünglichen Titel dieses Textes zu tun?

Neben dem Gras vom Hobby-Dealer um die Ecke, gibt es Cannabis mehr und mehr auch in der medizinischen Anwendung. So ganz ist noch nicht klar in welchen Anwendungsgebieten Cannabis tatsächlich hilft, bzw. wo die Nebenwirkungen den therapeutischen Nutzen überwiegen. Klar scheint jedoch, dass THC zur Milderung von Angststörungen beitragen kann.

Die THC-Wirkung im Körper ist gut erforscht und es ist nachgewiesen worden, dass THC die Cannabinoid Rezeptoren im Körper aktiviert. Bekannt sind vor allem die Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB2. Erfolgt die Aktivierung durch das THC, entwickelt sich die bekannte psychische Wirkung sowie auch die therapeutisch nutzbaren Wirkungen. Somit beeinflusst THC das körpereigene Endocannabinoid System. Die Wirkmechanismen von CBD, das nicht-psychoaktive Cannabinoid, sind wesentlich vielfältiger und längst sind noch nicht alle erforscht.

Einen Knispel zu rauchen, bzw. ein medizinisches THC-Präparat zu nehmen, aktiviert also das Endocannabinoid-System unseres Körpers. Die Wahrscheinlichkeit uns weniger ängstlich zu fühlen steigt. Tja, leider zum Preis einer Substanzeinnahme, einer Manipulation in unserem eigenen Körper.

Was hat das mit dem ursprünglichen Titel dieses Textes zu tun?

Lange Zeit hat man gedacht, dass die positiven Effekte beim Laufen lediglich auf die Ausschüttung von Endorphinen zurückzuführen sind. Heute weiß man, dass diese körpereigenen Opioide wahre Meister des Schmerzstillens sind. Sie führen jedoch nicht dazu, dass wir uns wohler fühlen. Sie wirken potent auf unseren Körper, jedoch nicht auf unser Gehirn.
Dafür sind unsere Endocannabinoide verantwortlich – als körpereigenen Doobies. Nach einem Lauf sorgen sie dafür, dass wir weniger ängstlich- und weniger schmerzempfindlich sind. Ein Effekt, dessen Wirkung bis zu einer Woche anhalten soll.

Hinzu kommt der anscheinend wohltuende Rhythmus.
Schritt, Schritt, Schritt, Schritt, Schritt,… mehrere tausend mal während eines Laufs. Es wird vermutet, dass die immer gleichen Bewegungen beim Laufen eine positive Auswirkung auf die Psyche entwickeln. Diesen Effekt macht man sich auch in der EMDR-Therapie von traumatisierten Menschen zu nutze.

Schritt für Schritt zu Glück. Nein, so einfach ist es nicht. Genauso wie keine Substanz, kann auch ein Lauf nicht schlagartig für Glück oder Glückseligkeit sorgen. Wenn´s scheiße läuft, läuft es scheiße. Aber: wer nicht läuft, bei dem läuft´s noch weniger. Das zumindest lässt die aktuelle Forschung vermuten.
Für mich persönlich ist es evident – Laufen macht zufriedener. Ich schiebe das auch auf den Aspekt der Anspannung und Entspannung. Bin ich gestresst, also psychisch angespannt, tue ich mir etwas gutes, indem ich meinen Körper, bei einem Lauf, tatsächlich belaste. Dadurch erhält meine kopfkino-induzierte körperliche Anspannung ein Ventil. Nach einem Lauf entsteht dann körperliche Entspannung, die sich auch positiv auf mein psychisches Befinden auswirkt.
Zusätzlich habe ich, während eines Laufs, irgendwann keine Energie mehr für negative Gedanken. Es gibt keine gestern oder morgen. Nur das Jetzt, denn für alles andere ist keine Kraft mehr da. Ich glaube, dass dies einen sehr ursprünglichen Zustand darstellt, die Reminiszenz an eine Zeit, in der wir als Menschen quasi dauerhaft mit realen Gefahren wie Kälte, Hunger, wilder Tieren und feindlichen Stämmen konfrontiert waren. Wahrscheinlich hatten die Menschen damals viel mehr Angst als wir heute, jedoch auch mehr körperliche Belastung, um dieser Angst, dem Unwohlsein, zu begegnen und es abzubauen.

Nein, die momentane Corona-Situation ist kein Grund für Ängste. Sie stresst uns aber, der permanente Ausnahmezustand führt zu Anspannung, Anspannung führt zu Stress.
Wer losläuft begegnet den Merkwürdigkeiten der jetzigen Zeit, tut sich etwas gutes und sorgt dafür, dass auch das eigene Umfeld öfter das ungestresstere eigene Ich genießen darf.

Sobald es wieder möglich ist, dass sich mehr als zwei Haushalte begegnen, werde ich eine Anti-Stress-Laufgruppe ins Leben rufen. Nicht um möglichst schnell zu laufen, oder weit. Sondern um die innere Tüte glühen zu lassen.

Wer ist dabei?

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