Teil I noch nicht gelesen? Dann hier entlang bitte!
Was also ist zu tun? Es geht um Disruption im Umgang mit Sterben und Trauer. Es geht darum Möglichkeiten und Angebote an eine neue Zeit zu adaptieren.
Wie?
Ich schlage fünf Punkte vor:
Nichts aufschieben
Abschied, Trauer und daraus resultierende Ergebnisse kann man nicht aufschieben. Sind sind chronologisch und suchen sich ihren Weg. Daher brauchen Menschen, die Angehörige verabschieden oder betrauern müssen, jetzt Unterstützung und nicht erst wenn es die Pandemie wieder zulässt.
Die Digitalisierung nutzen
Wir haben die Digitalisierung verschlafen? In Teilen, vielleicht. Aber stellen Sie sich die Situation der letzten Monate mal im Jahr 1990 vor. Da wäre aber viel mehr Lockdown gewesen. Kein Zoom, keine sozialen Medien, kein Facetime mit Omma und Oppa, kein Zugriff auf aktuelle Blockbuster mit der hauseigenen Fernbedienung.
Unser Leben ist digital. Und das sollten wir jetzt nutzen. Dazu müssen pragmatische Wege gefunden werden alte Menschen partizipieren zu lassen und auf professioneller Seite darf es keine Ausreden mehr geben. Datenschutz ist wichtig, muss beachtet werden und darf keine faule Ausrede fürs Nichtstun sein.
Nein, ein iPad ersetzt keinen persönlichen Kontakt. Aber es ist viel mehr als gar nichts.
Profis sensibilisieren
Es ist an der Zeit, dass Krankenschwestern, Pfleger, Medizinische Fachangestellte, Rettungsdienstpersonal, Ärzte und andere Therapeuten jegliches Kirchturmdenken aufgeben und sensibel auf die Bedürfnisse von Angehörigen eingehen. Nein, sie haben nicht die Zeit und es ist oft nicht ihre Aufgabe Angehörige zu begleiten. Dennoch ist es wichtig Menschen, die mit abschiedsnehmenden oder trauernden Menschen zusammenkommen, zu sensibilisieren und ihnen Angebote näher zu bringen.
Denn anders als in anderen Zeiten trägt das soziale Netz gerade nicht sehr und es bedarf professioneller (bzw. organisierter) Hilfen, wo diese sonst nicht nötig sind.
Psychoedukation
Es ist ok wie Du Dich fühlst! – Diese Aussage ist für Menschen in- oder nach belastenden Situationen wichtig und manchmal entscheidend, um aus Trauer kein Trauma entstehen zu lassen. Darüber hinaus gilt es Menschen Infos darüber zu geben, was alles mit ihnen in der kommenden Zeit passieren könnte – emotional und mental. Eine solch einfache Form der Psychoedukation hat zwei Nutzen: zum einen legitimiert sie natürliche Trauerreaktionen wie Wut, Angst, Passivität, Aktionismus, wasauchimmer… und öffnet den Raum für Trauer – auch wenn die Situation eigentlich gar nicht so dramatisch ist.
Es gilt der Grundsatz: In einer Pandemie ist kein Todesfall „normal“, denn die tradierten und gelernten Trauerriten und Hilfsangebote fallen großflächig weg.
Zum anderen zeigt Psychoedukation den Weg zu einer gesunden Trauerzeit auf.
Es ist ok, wenn Du Dich in der nächsten Zeit [soundsoundso] fühlst oder verhältst. ABER achte darauf, dass Du nicht mehr trinkst, isst… als vorher oder vermehrt Medikamente nimmst!
Denn wo Zwischenmenschlichkeit und andere Hilfsangebote wegfallen, kann der Griff zur Flasche oder zur Pille eine verlockende Alternative darstellen. Dann wird aus Trauer ein ernstes Problem.
Neue Angebote schaffen
Viel Liebgewonnenes funktioniert gerade nicht. Zusammenkommen in Gruppen, in geschlossenen Räumen – unmöglich. Aber der Sommer naht und vielleicht darf man bald wieder mehr als eine Person gleichzeitig treffen. Was spricht gegen Gruppenangebote in der freien Natur?
Ich habe im letzten Jahr die Erfahrung gemacht, dass Corona eine gute Sache mit sich bringt: Pragmatismus. Was funktioniert und hilft wird gemacht – ohne bürokratische Hürden. Das neue Dogma: es darf keine Dogmen mehr geben. So entsteht Hilfe die ankommen kann.