Sitze mal wieder im Zug. Neuer Doppelstock-IC, der aussieht wie ein RegionalExpress, im Gegensatz zu den rotlackierten Nahverkehrszügen aber momentan eine technische Störung am Triebfahrzeug hat. Technik, die begeistert.
Letzte Woche bin ich mit einem „klassischen“ IC von Frankfurt nach Heidelberg gefahren. Der Zug steht fahrplanmäßig schon rund eine Stunde vor Abfahrt am Gleis und kann also nach menschlichem Ermessen keine Verspätung haben. Nach Bahn-Logik aber schon: Das Zugpersonal hatte sich verspätet und wir standen abfahrtbereit, aber ohne Lokführer im Hauptbahnhof. 10 Minuten, 15 Minuten – tja, der menschliche Faktor macht aus s.t. schnell ein c.t.
Dabei frage ich mich: Benötigen wir eigentlich zwingend einen Lokführer? Ich meine, bevor wir das autonome Fahren auf der Straße erforschen, könnten wir doch Erfahrungen mit dem quasi-autonomen Reisen auf der Schiene sammeln? Das ist doch viel einfacher, würde ich technischer Laie sagen: Verfahren kann man sich nicht, Gegenverkehr gibt es (in der Regel) keinen, die Signalanlagen steuern den Schienenverkehr evtl. auch digital – wo ist das Problem? Mein Auto erkennt die allermeisten Verkehrsschilder bereits mit einer erstaunlichen Präzision, bei der Bahn dürfte dies noch präziser funktionieren.
In Nürnberg, wo ich derzeit arbeite, fahren manche U-Bahnlinien bereits autonom. Oder „fahrerlos“, wie es hier heißt. Was soll auch groß schiefgehen? Die Schienen halten die Züge in der Spur, ein Radar prüft, ob der Weg frei ist, die Weichen werden automatisch gestellt, und in der Station hält die Bahn an einem definierten Punkt, öffnet die Türen und schließt sie wieder, wenn niemand in der Lichtschranke steht.
Autonom fahrende Züge. Das hätte was. Eventuell wären individuelle kleine Waggons möglich, die über einen eigenen Antrieb verfügen und überallhin fahren könnten. Und überall halten, ohne die durchfahrenden Züge zu behindern – in vielen Bahnhöfen gibt es ja mehr als ein Richtungsgleis. Da könnte man schön ein- und aussteigen, und wenn man seine Fahrt vorher plant – was man ja meist macht -, bestellt man sich seinen individuellen Mini-Waggon an den nächstgelegenen Bahnhof, fast wie ein Taxi auf Schienen.
Unser Lokführer hat den Fehler behoben, und wir fahren endlich. Okay, gegen technische Defekte sind autonome Waggons selbstredend nicht gefeit. Aber gegen verspätetes Bahnpersonal schon. Und verpasste Anschlusszüge. Oder überhaupt häufiges Umsteigen. Schienengebundener Individualverkehr als erste Phase des autonomen Fahrens.
Ich vermute aber, dass die selbstfahrenden Autos schneller kommen werden. Sie haben die richtige Größe für Individualreisende, können überall halten und einen von Haustür zu Haustür bringen. Und wenn man etwas länger braucht, um das Auto für die Urlaubsfahrt zu beladen, dann drängelt kein Fahrplan.
So gesehen ist der autonome Zug wohl eher eine technologische Sackgasse. Aber eine nette Idee wäre es schon – wenn sie auch nur taugt, um dieses Blog hier zu befüllen.