Da sind wir. Im Urlaub. Wie so viele in diesem Jahr nicht allzu weit weg von zuhause – Urlaub in Deutschland. Für uns als Flugmuffel nichts neues, wir verreisen schon seit Jahren ausschließlich innerdeutsch. Neu ist allerdings das Ziel: statt der bisher sommer-obligatorischen Nordseeinsel sind wir auf einem Bauernhof, irgendwo im Südwesten.

Hier gibt es nichts. So war es geplant. Denn im Nichts können sich Viren und anti-virale-Maßnahmen der einzelnen Regierungen nur schlecht ausbreiten. Und tatsächlich: auf unserem Hof spielen Schutzmaßnahmen, Masken und Co. seit Monaten mal wieder keine Rolle. Abstand wahrt man hier sowieso. Aus Mentalitätsgründen und weil genug Platz da ist.

Das Leben ist kein Ponyhof. Ätzender Spruch. Unseres ist es aber zur Zeit und es zeigt mir, was es bedeutet den Ponyhof in sein Leben zu lassen. Nein, es ist keine Entspannung, Dauer-Zufriedenheit oder dümmliche Immenhof-Romantik. Es ist Abstand, Natur, Einfachheit, Platz und Raum für Ideen.
Wir leben auch daheim sehr großzügig und privilegiert. Hier aber herrscht der schiere Überfluss an Raum. Raum, der stark frequentiert wird – von Pferden, Kühen, Hunden, Mäusen und Katzen. Nicht von Autos oder Menschen die hier nicht hin wollen. Jeder der hier ist will es auch sein. Alle anderen fehlen.
Das unterscheidet den Ponyhof von anderen Orten. Dort finden sich stets Menschen, die sich dort eigentlich nicht befinden möchten. Sie möchten woanders sein und verströmen dadurch eine ablehnende Haltung.
Ich schließe mich da nicht aus. Beim Edeka anne Kasse bin ich selten die beste Variante von mir.

Hier ist man, weil man hier sein möchte. Hier steht man sich selber nicht im Wege. Hier ist man auf sich zurück geworfen, weil man keine Ablenkung erfährt.
Hier gibt es kein Spielzeug und trotzdem spielen die Kinder 12 Stunden am Tag, pausenlos. Sie sind entgrenzt, weil auch ich Grenzen fallen lassen kann.
Es stinkt nach Scheiße, Fliegen schwirren, Schwalben bekacken uns, Kälber beschlabbern uns und hier macht die abendliche Dusche wirklich großen Sinn.

Ich empfinde es als Segen hier sein zu dürfen. Mit meiner Familie, inmitten dieser Weite. Ich freue mich, nicht immer hier wohnen zu müssen.
Gleichzeitig denke ich, dass ein solcher Ort vielen Menschen fehlt. Ein Ort voller Nichts, ein Ort voller Natur, ein Ort ohne Ablenkungen. Ein Ort der lehrt, dass es mehr gibt als Alles.

Das Leben ist kein Ponyhof, erst recht nicht für Ponyhof-Betreiber. Aber jeder sollte ein Stück Ponyhof im Herzen tragen können. Dafür muss man ihn erstmal kennengelernt haben dürfen.

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